Stellungnahme des OV zur Situation nach der Bundestagswahl

Die Mitgliederversammlung unseres Ortsvereins hat die nachstehende Stellungnahme beschlossen:
Kein grundsätzliches Nein zu einer Großen Koalition, aber harte ausdauernde Verhandlungen, damit die Wahlziele der SPD im Regierungsprogramm möglichst weitgehend berücksichtigt werden.
1. Von den fünf im Bundestag vertretenen Parteien haben drei verloren: die FDP (- 8 %) die LINKE (- 3,3%) und die GRÜNEN (- 2,3 %). Nur zwei haben gewonnen, wenn auch höchst unterschiedlich: Die CDU (+ 7,7 %) und die SPD (+ 2,7%). Sie haben als einzige in der Wählerzustimmung zugelegt, trotz des Aufkommens der europakritischen Partei AfD.

 

2. Die CDU/CSU (Union) brauchen für die Bildung einer stabilen Regierung einen Koalitionspartner. Die inhaltliche Übereinstimmung zwischen Union und den geschwächten GRÜNEN ist geringer als die zwischen Union und SPD. Die SPD kann warten, hart verhandeln, die Öffentlichkeit und Medien in diesem Verhandlungsprozess auf ihre Seite ziehen. Aber letztlich muss die SPD im Interesse ihrer Wähler, in ihrer Verantwortung für Deutschland und Europa, auf ein Regierungsprogramm des Kompromisses zusteuern. Mit einer CDU, der unabhängige Beobachter und innerparteiliche Kritiker eine „Sozialdemokratisierung“ vorwerfen, könnte dies am ehesten gelingen. Auch in Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat kann die SPD mit Selbstbewusstsein in Koalitionsverhandlungen eintreten.

 

3. Eine Rot-Rot-Grüne Regierung ist im Jahre 2013 keine Alternative. Wir haben diese Koalition gegenüber unseren Wählern ausgeschlossen. Aber auch davon abgesehen: Insbesondere außen- und europapolitisch gibt es zwischen SPD und LINKEN so fundamentale Unterschiede, dass auch theoretisch ein Zusammengehen zur Zeit ausgeschlossen ist. Die SPD sollte jedoch in den kommenden Jahren einen konstruktiven demokratischen Dialog mit den LINKEN suchen und für die nächste Legislaturperiode keinesfalls von vornherein eine Koalition mit ihnen ausschließen. Auch hier gilt die Leitlinie: Wandel durch Annäherung und die Demokratie lebt vom Kompromiss!

 

4. Die Duldung einer Minderheitsregierung von CDU/CSU, ein Abwarten auf das Scheitern einer solch schwachen Regierung, ist angesichts der ungelösten Krise in Europa unverantwortlich. Gemeinwohl muss hier vor Parteiinteresse gehen. Viele europäische Partner warten auf eine starke Führung durch
das wirtschaftlich stärkste Mitgliedsland der Europäischen Union.

 

Gelingt die Bildung einer stabilen Bundesregierung nicht, wären Neuwahlen unvermeidlich. In diesem Falle wäre der Wiedereinzug einer neu aufgestellten FDP mit dem Hoffnungsträger Lindner und eine Abstrafung aller Koalitionsverweigerer, also auch der SPD, wahrscheinlich. Denn die große Mehrheit der Wähler will eine große Koalition und Angela Merkel genießt in der Bevölkerung trotz Stillstands und vieler Defizite und Versäumnisse ihrer Regierungstätigkeit große Zustimmung. Und lasst uns auch an die Kommunalwahl und Europawahl im Mai 2014 denken: Blockieren wir jetzt eine Regierungsbildung oder lassen eine schwache Minderheitsregierung scheitern, könnten wir schon in diesen Wahlen hart abgestraft werden. Dieses Risiko sollten wir nicht eingehen. Nicht zuletzt werden auch viele unserer Wähler, die auf Veränderungen gehofft haben, von uns eine Bereitschaft zum Kompromiss erwarten. Oder sollen wir zum Beispiel mit der Verringerung prekärer Arbeitsverhältnisse oder der Bekämpfung der Altersarmut 4 Jahre warten, nur weil wir grundsätzlich und von vornherein nicht in eine große Koalition eintreten wollen? Lasst uns daher zäh und ausdauernd verhandeln und in einer neuen Regierung allen Risiken zum Trotz möglichst viele sozialdemokratische Ziele ganz oder zumindest teilweise verwirklichen!